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Ehegattenvertretungs- recht – Wird ein Mythos Wahrheit?



Seitdem ich im Betreuungsverein Zukunftswerkstatt Genrationen e.V. Zu Vorsorgemöglichkeiten berate, begegnen mir Menschen die mir erzählen, dass es normal sei, dass Ehepartner untereinander „natürlich“ für den anderen Entscheidungen treffen dürfen. Um damit ein für alle Mal aufzuräumen. Nein, das ist falsch! Ein solches Recht wurde niemals im Gesetz verankert. Natürlich gibt es ein Auskunftsrecht für Angehörige in Kranken-häusern und gemeinsame Entscheidungen innerhalb der Ehe. Aber Entscheidungen für den Ehepartner in gesundheitlicher oder rechtlicher Sicht darf eine Person nur aufgrund einer Ehe nicht treffen. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden einer jeder einzelnen Person die eigene Autonomie und Selbstbestimmung zu erhalten. Woher der Mythos stammt ist völlig unklar.


Der Gesetzgeber hat schon mehrfach Anlauf genommen in den vergangenen Jahrzehnten um ein Ehegattenvertretungsrecht im Gesetz einfließen zu lassen. Vielfach wurde diskutiert, dass bei einer generellen Vertretungsmacht unter Ehepartnern eine hohe Missbrauchs- und Unterdrückungsgefahr bestehe. Alles in allem würde es die Selbstbestimmung der einzelnen Person beschneiden. 2023 wird nun der neue § 1358 BGB als Notrecht, das sogenannte Ehegattenvertretungsrecht, eingeführt. Dieser Paragraph trägt dem Thema Rechnung und übernimmt den Wunsch vieler Bürger, im Fall einer schweren Erkrankung oder eines Unfalles bei der Besorgung Ihrer Angelegenheiten von ihrem Ehepartner vertreten werden zu können. Und das wichtigste Kriterium: Ohne viele weitere Formalitäten. Daneben trägt es dem Ziel der Betreuungsrechtsreform bei, kurzfristig fremd-Betreuerbestellungen zu vermeiden.


Die Voraussetzung für die Notfallregelung ist relativ simpel - ein Ehepartner kann Aufgrund von Erkrankung oder eines Unfalles seine Angelegenheiten nicht mehr allein wahrnehmen. Dann hat der andere Ehepartner die Möglichkeit die betroffene Person im Bereich der Gesundheitssorge zu vertreten. Grundlegend gehören hierzu eine Schweigepflichtentbindung und Einwilligungen in ärztliche Eingriffe und Heilbehandlungen. Aber auch Entscheidungen zum Abbruch von Behandlungen. Umso eine gesundheitliche Entscheidung treffen zu können benötigt es eine ärztliche Aufklärung, die der Ehepartner dann stellvertretend entgegen nimmt. Daneben können Verträge, die die Behandlung oder Rehabilitation betreffen abgeschlossen werden. Das Vertretungsrecht basiert auf dem Vertrauen innerhalb einer Ehe und das Wissen welches man über die andere Person hat. Alle anderen Bereiche wie Wohnungsangelegenheiten, Behörden- und Vermögensangelegenheiten sind nicht umfasst. Hier behält die betreffende Person ihre Autonomie. Da dies ein Notvertretungsrecht ist, gibt es eine zeitliche Einschränkung auf 6 Monate. Den Beginn der Ausübung des Notvertretungsrechts soll ein Arzt schriftlich bestätigen. Sind die 6 Monate abgelaufen ist zwingend auf eine Legitimation durch Vollmacht oder rechtliche Betreuung zurück zu greifen. Die 6 Monatsfrist ist ebenfalls dafür geeignet die weitere Legitimation zu klären. Das Recht sieht auch ausschlussgründe vor: Bei getrenntlebenden bzw. geschiedenen Ehepartnern ist das Vertretungsrecht generell ausgeschlossen. Ein weiterer Ausschlussgrund könnte vorliegen, wenn dem Arzt bekannt ist, dass die betroffene Person eine Vertretung durch den Ehepartner nicht wünscht.


Fazit: Ein Mythos wird nicht wirklich Wahrheit. Es kann in vielen Fällen helfen kurzfristig Entscheidungen treffen zu können und zu dürfen, wo sonst aufwendige Gerichtsverfahren produziert werden die viel Zeit und Geld kosten. Es ist eine Möglichkeit auch die Eherechte zu stärken. Auf der anderen Seite ist es nur ein kurzfristiges Instrument und ersetzt die Vorsorgevollmacht nicht. Es empfiehlt sich dennoch rechtzeitig vorzusorgen! Beratung finden Sie bei Ihren Betreuungsvereinen vor Ort und bei der Fachstelle für Hilfen nach dem Betreuungsgesetz der Stadt Hamburg. Wir beraten Sie gern!

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